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Das Flüchtlingsdrama im Mittleren Osten erfordert asylpolitische Konsequenzen 

Auch vier Mitglieder unseres Sennfelder GRÜNEN Ortsverbandes waren dabei, als am 26.10.2014 Claudia Roth, Bundestagsvizepräsidentin und Grünes Mitglied im Deutschen Bundestag bei einen Kurzbesuch in der Brauerei von Ulrich Martin vom Flüchtlingsdrama im Mittleren Osten berichtete.

„Man hört viel. Etwas anderes ist es aber, die Menschen und Ereignisse vor Ort zu erleben“, erklärte die engagierte Politikerin, die schon mehrmals persönlich ins Krisengebiet gereist war und mit Flüchtlingen vor Ort gesprochen hatte.   „Das Flüchtlingsdrama hat sich unvorstellbar zugespitzt“, so Claudia Roth. Normale Durchschnittsbürger, Menschen wie Du und ich, Gebildete und Wohlhabende würden Opfer von Gewalt und Terror. Vielen bleibe nur die Flucht, um ihre Familien und ihr Leben zu retten. 

Im Libanon, einem Land mit 4,5 Mio. Einwohnern, hätten inzwischen rund 2 Mio. syrische und palästinensische Flüchtlinge Schutz gesucht. Mehr sei nicht mehr verkraftbar.  Überall herrsche Mangel an Strom, Wasser, Nahrung und Unterkünften und immer wieder komme es zu Spannungen, bei  welchen sich Feinde gegenüberstünden. „Das austarierte Gleichgewicht zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen bricht langsam auseinander“ berichtete die grüne Abgeordnete.

Jordanien, eines deri wasserärmsten Länder, habe über 1 Mio. Flüchtlinge zu verkraften. In der Wüste existierten Flüchtlingslager, die so groß seien, dass sie zum Teil  mehr als 100.000 Menschen beherbergten. Die Lager seine auf längere Zeiträume hin ausgerichtet, da niemand davon ausgehe, dass die Flüchtlinge bald in ihre Heimat zurückkehren könnten. Es entstünden regelrechte Städte, so groß wie Würzburg, mit unterschiedlichen Stadtteilen und einer Infrastruktur zu der auch Schulen, Krankenhäuser etc. gehörten.  Die internationale Hilfe reiche nicht aus und treibe manchmal auch völlig unsinnige Blüten. Deutschland habe in ein Lager Straßenschilder geliefert, die mittlerweile als Bauteile für benötigte Tische umfunktioniert worden seien.

Im Irakisch-kurdischen Teil  der Krisenregion seien bereits im Januar 2014 über 250.000 Flüchtlinge gezählt worden. Im Sommer seien bei Erbil 100.000 Christen  vertrieben worden.  In der Konfliktregion würden Nachbarn zu Feinden, ähnlich wie im Kosovo-Konflikt. Sexuelle Gewalt und Suizide, Frauen- und Mädchenhandel gehörten zur Tragödie im Nordirak. Bei  Kobane  seien innerhalb von 2 Tagen rund 140.000 Menschen über die Grenze geflüchtet.

Zur Rolle der Türkei  äußert sich Claudia Roth sehr kritisch. Die Türkei schwäche mehr die Kurden als dass sie die IS bekämpfe.  Statt Druck auf die IS auszuüben, lasse es die türkische Regierung zu, dass IS täglich Ölverkäufe in der Millionenhöhe tätige und archäologische Schätze verkaufe. In Istanbul gebe es IS-Ausbildungslager und regelrechte Fan-Shops.

„Der Konflikt im Mittleren Osten kann nur gelöst werden, wenn die großen Regionalmächte an einem Tisch zusammenkommen, aber noch ist dies nicht geschehen“, erklärte Roth. Die Interessenkonflikte der verschiedenen Konfliktparteien würden auf dem Rücken der Bevölkerung ausgetragen.  Die Luftschläge der USA hätten kurzfristig zwar geholfen, könnten aber nicht die Region befrieden.  Jeder Einmarsch von ausländischen Truppen in die Krisenregion würden als „Turbo für den IS“ wirken.  Stattdessen müssten die Geldquellen für den IS ausgetrocknet werden und Druckk auf den IS auch von Seiten der Türkei ausgeübt werden.  International sei humanitäre Hilfe nötiger als Waffen. Die Aufweichung von rüstungspolitischen Richtlinien lehnt Claudia Roth ebenso ab, wie die Verschärfung des europäischen Asylrechts. Die Europäische Flüchtlingspolitik, die Abschiebungen in sichere Drittländer vorsehe, sei gescheitert.  Kritik äußerte die grüne Parlamentarierin auch im Hinblick darauf, dass die Zusammenführung von Familienmitgliedern erschwert wird, obwohl gerade diese Zusammenführung für viele Flüchtlinge ein wichtiger emotionaler Halt sei. Selbst wenn z.B. in Deutschland lebende Syrier für nachkommende Familienmitglieder die vollen Kosten übernehmen, werde der Familiennachzug oft nicht gestattet. 

In Deutschland werde das Flüchtlingsproblem auf die Kommunen und ehrenamtliche Helfer abgewälzt.  Roth mahnte eine „gerechtere Verteilung und eine bessere Versorgung der Flüchtlinge“ an. Erstaufnahmeeinrichtungen seien notwendig, aber oft fehlten dann vor Ort Unterstützer oder eine Strategie zur weiteren Versorgung.  „Die Menschen müssen registriert werden. Sie brauchen einen Aufenthaltsstatus und eine rasche medizinische Erstuntersuchung, bevor sie an dezentrale Orte verteilt werden. Die Flüchtlinge brauchen mehr als nur Wasser und Brot“, erklärte Roth und wies auf die Notwendigkeit von winterfesten Unterkünften, Schulen, Freizeitbeschäftigung und medizinischer Versorgung hin. Es müssten Ärzte gefunden werden, die Flüchtlinge ehrenamtlich versorgen und es brauche Schulen, die bereit seien, Flüchtlingskinder aufzunehmen. Roth berichtet von der Begegnung mit Flüchtlingskindern, die schon seit zwei Jahren in Deutschland leben, aber immer noch keine Schule besuchen können.  In der Flüchtlingshilfe seien in den letzten Jahren Stellen vielfach abgebaut worden. Auf elf hauptamtliche Stellen kämen zum Teil 1800 zu versorgende Flüchtlinge. Dass Helfer aufgrund der Überforderung krank werden, wundert die grüne Abgeordnete nicht.  „Ehrenamtliche Helfer seien wichtig, aber nur mit Ehrenamtlichen geht es nicht!“ erklärte Roth. Sie rät Kommunen, welche Flüchtlinge aufnehmen, auch qualifizierte hauptamtliche Kräfte anzufordern und die Zusammenarbeit mit Kirchen, Vereinen und andere gesellschaftliche Gruppen zu suchen. In diesen Zusammenhang  kommt Claudia Roth auch auf Würzburg zu sprechen. Dort seien Flüchtlinge auch in Sportvereinen willkommen  und könnten aktiv mitwirken. 

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