Menü

Rede von Barbara Pfeuffer, beim grünen politischen Frühstück am 27.08.2017 in Sennfeld: 

 

Liebe GRÜNE, liebe Freunde, liebe Gäste,

ich darf Sie alle ganz herzlich begrüßen hier in Sennfeld, auf dem Naturlandhof von Isolde und Gustav Tietze.

Hier wachsen Obst, Gemüse, Kartoffeln und Blumen. Alles öko, alles bio! Weite Teile in den Landkreisen Schweinfurt und Kitzingen sind geprägt von der landwirtschaftlichen Erzeugung von Nahrungsmitteln. Es gibt Weinanbau an den Hängen entlang des Mains, es gibt Gemüseanbau vor allem in der Gegend um Kitzingen, es gibt Ackerbau und Tierhaltung eigentlich überall in der Region. Landwirtschaft ist hier vor Ort also ein ganz wichtiges Thema. Und die Art und Weise, wie wir unsere Lebensmittel produzieren ist eine der zentralen ökologischen Fragen unserer Zeit. Es geht darum, ob unsere Landwirtschaft mit der Natur arbeitet oder gegen sie.

Es geht um die Frage, wie wir die Fruchtbarkeit unserer Böden schützen. Es geht um die Frage, wie wir die Reinheit des Wassers erhalten. Es geht um die Frage, wie wir die Artenvielfalt bewahren. Und es geht auch um die Frage, wie wir unsere Tiere halten. Und bei all diesen Fragen müssen wir auch noch das Auskommen der Menschen berücksichtigen, die in der Landwirtschaft ihren Lebensunterhalt verdienen. So wie Isolde und Gustav hier in Sennfeld. Und ich frage Sie, was tut die Landwirtschaftspolitik der Bundesregierung, damit wir diese Fragen so beantworten können, dass im Ergebnis die Lebensgrundlagen von morgen erhalten bleiben?

Nun, die Landwirtschaftspolitik der Bundesregierung sieht vor, dass belohnt wird, wer viel und billig produziert. Es darf gerne auch etwas mehr sein. Überproduktion gehört sozusagen zum Geschäftsmodell. Und was bei uns nicht auf den Tisch kommt, das verramschen wir bekanntlich zu Schleuderpreisen nach Afrika. Und nicht etwa um dort gegen den Hunger anzukämpfen. Nein, auch dort werden durch die Billigimporte aus Europa die Kleinbauern verdrängt und Existenzen zerstört. Fluchtursachen bekämpfen. Alle Parteien haben das auf dem Plan. Und zurecht. Ist die Bekämpfung von Fluchtursachen doch der Masterplan für die Reduzierung der Zuwanderung nach Europa. Aber Fluchtursachen bekämpft man nicht, indem man die Überproduktion aus unserer Landwirtschaft nach Afrika verschiebt. Im Gegenteil. Fluchtursachen bekämpft man nur, wenn man den Menschen in ihrer Heimat eine Perspektive gibt. Und das kann durchaus eine bäuerliche Existenz sein. Eine kleinbäuerliche Existenz für die Versorgung der eigenen Familie oder auch eine etwas größere, aus der heraus sich vielleicht ein Exportgeschäft nach Europa entwickeln kann. Südfrüchte, Kakao, Baumwolle oder Kaffee wachsen bekanntlich nicht in unserem Klima, bereichern unser Leben aber dann doch.

Aber wenn wir Waren anstatt Flüchtlinge aus Afrika nach Europa bringen wollen, dann müssen wir hier in Europa für diese Waren auch faire Preise bezahlen. Dann dürfen die Gewinne nicht nur bei den europäischen Geschäftsleuten gemacht werden. Dann muss auch für die Menschen vor Ort etwas bleiben. Und das ist in Afrika übrigens nicht anders als hier in Sennfeld. Die Arbeit in der Landwirtschaft muss sich lohnen und vor allem muss es sich lohnen, sorgsam mit unseren Ressourcen umzugehen. Überhaupt sollte sich nur der sorgsame Umgang mit den Ressourcen lohnen. Nur dafür sollten wir Fördermittel geben! Und nicht für den Raubbau an der Fruchtbarkeit der Böden, nicht für das Artensterben, nicht für die Belastung des Grundwassers und schon gleich gar nicht für die erbärmlichen Bedingungen, unter denen wir Tiere halten. Die Größe eines Taschentuchs für ein Masthuhn, und zwar so ein Papiertaschentuch, kein 40x40 Herrentaschentuch. Weniger Platz als in einer Telefonzelle für ein Schwein. Die älteren unter uns wissen wahrscheinlich noch ziemlich genau, wieviel Platz oder auch wie wenig Platz da drin war. Das kann es doch nicht sein, was wir fördern? Tun wir aber. Wir fördern die exzessive Landbewirtschaftung. Wir fördern den Einsatz von Pestiziden und Insektiziden und nehmen das Artensterben und giftige Rückstände in unseren Lebensmitteln in Kauf.

Tatsächlich wollen Verbraucherinnen und Verbraucher aber etwas anderes. Die Nachfrage nach Biolebensmitteln steigt seit Jahren. Die Menschen wollen einen Beitrag zu einer nachhaltigen Landwirtschaft leisten. Die Menschen wollen sich unbelastet und giftfrei ernähren. Aber der ökologische Landbau ist in Deutschland immer noch eine Nische. Im letzten Jahr konnten wir einen erfreulichen Zuwachs verzeichnen. Allerdings liegen wir immer noch bei nur etwa 7,5 % Ökolandbau. Das reicht nicht. Damit können wir die heimische Nachfrage gar nicht decken. Wir importieren also Bioprodukte. Was wir aber nicht importieren können, sind die Umweltvorteile, die der ökologische Landbau mit sich bringt! Bodenschutz, Gewässerschutz, Artenschutz, Tierschutz. Das lässt sich nicht einführen wie die Biomilch oder die Ökogurke. Das gibt es nur durch eine ökologische Landbewirtschaftung hier vor Ort. So wie hier auf dem Hof von Isolde und Gustav.

Nun, es gibt eine recht einfache Lösung für all diese Probleme. Schichten wir doch endlich die Fördergelder für die Landwirtschaft um. Öffentliches Geld nur noch für ökologische Leistung! Fördern wir doch künftig statt Fleischfabriken eine artgerechte Tierhaltung. Fördern wir doch künftig die Erzeugung von Nahrungsmitteln ohne Gift, statt mit Glyphosat die Böden zu belasten und mit Neonicotinoiden die Artenvielfalt und die Bienen auszurotten.

Überhaupt, die Bienen, das ist ja sozusagen mein Lieblingsthema. Wer es noch nicht weiß, ich bin mit Bienen aufgewachsen. Wir wissen es alle, aber es ist uns trotzdem nicht gegenwärtig. Die Biene ist eines der wichtigsten Tiere bei der Erzeugung von Lebensmitteln. Bienen fliegen ja bekanntlich von Blüte zu Blüte um Nektar zu sammeln. Dabei bestäuben sie ganz nebenbei die allermeisten Nutzpflanzen, die in unseren Breiten wachsen. Ohne Bienen kein erfolgreicher Obstanbau, ohne Bienen kein Rapsöl, ohne Bienen keine Tomaten, Zucchini oder Gurken. Ohne Bienen können Isolde und Gustav ihren Laden hier dicht machen. Wir sollten uns wirklich Gedanken machen, ob wir die Bienen und andere bestäubende Insekten mit den Neonicotinoiden in der Landwirtschaft ausrotten wollen. Und deshalb brauchen wir endlich eine andere Landwirtschaftspolitik. Wir brauchen eine grüne Agrarwende. Und wie der Name schon sagt, wird es eine grüne Agrarwende nur mit starken Grünen geben. Liebe Gäste, vergessen Sie das nicht, wenn Sie am 24. September in der Wahlkabine stehen!

Aber nicht nur die Landwirtschaftspolitik braucht ein neues Denken. Damit Deutschland als Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Weltklasse bleibt, müssen wir endlich die Energiewende zu einem Erfolgsmodell machen. Wir müssen aufhören, in überkommenen Strukturen zu denken. Die Zukunft wird anders aussehen. Die Energie wird immer mehr dort erzeugt werden, wo sie direkt verbraucht wird. Wir werden Energie aus Ressourcen gewinnen, über die wir heute noch nicht einmal nachdenken. Das wird unseren Alltag verändern. Das wird den ländlichen Raum verändern. Elektromobilität, das wird nicht das Verkehrskonzept sein, wie wir es heute kennen. Autos werden nicht einfach mit Strom statt mit Benzin oder Diesel fahren. Elektromobilität wird langfristig ganz anders funktionieren. Aber selbst wenn ich mich sehr anstrenge, kann ich nicht erkennen, dass die Politik in Deutschland heute dafür die Weichen stellt. Teststrecken für Gigaliner. Ich frage Sie, wer braucht denn sowas? Niemand wird das in der Zukunft brauchen. Die Einführung einer Autobahnmaut mit der wir Österreicher und Niederländer zur Kasse bitten wollen. Ich bitte Sie, das ist doch keine Verkehrspolitik. So etwas ist an Ideenlosigkeit ja überhaupt nicht mehr zu überbieten.

Gleichzeitig lassen wir Bahnlinien verrotten, wie wir das hier in der Region auch kennen. Da liegt eine Bahnlinie von Schweinfurt bis Kitzingen brach. Viele Anwohnerinnen und Anwohner entlang der Strecke haben Interesse an einem regelmäßigen Zugverkehr in beide Richtungen. Viele Arbeitsplätze könnten umweltfreundlich und stressfrei erreicht werden. Kinder und Jugendliche könnten ohne Familientaxi ins Schwimmbad fahren und Seniorinnen und Senioren müssten sich für Einkäufe und Arztbesuche nicht auf die nächstgelegenen Dienstleister beschränken. Es gibt viele engagierte Leute, die sich für die Reaktivierung dieser Bahnstrecke einsetzen. Es gibt sogar einen Investor, der die gesamte Strecke zu einem angemessenen Preis kaufen will und realistische Planungen für eine Inbetriebnahme geprüft hat. Allein, es fehlt an verantwortlichen Politikerinnen und Politikern. Es fehlt an einer Verkehrspolitik für die Menschen vor Ort. Es könnte sehr viel mehr Güterverkehr über die Schiene abgewickelt werden, wenn wir denn die nötigen Strecken dafür hätten. Dafür bräuchte es aber ein Konzept!

Und überhaupt die Autobahnmaut. Da wurde vor Jahren eine LKW-Maut eingeführt. Eine Maut, bei der jeder Kilometer einzeln abgerechnet wird. Sehr korrekt, sehr gerecht, sehr deutsch. Die Lasten dieses Systems trägt heute der ländliche Raum. Es lohnt sich für die Fuhrunternehmen, die Autobahn zu umfahren und sich auf diese Weise die Maut zu sparen. Statt dessen rollt der Schwerverkehr dann durch unsere Dörfer, verpestet dort die Luft und gefährdet die Anwohner und andere Verkehrsteilnehmer. Niemand in der Regierung, absolut niemand zieht Bilanz über die Schwächen dieser LKW-Maut. Niemand denkt auch nur ansatzweise darüber nach, wie man den Schwerverkehr wieder aus unseren Dörfern raus und auf die Autobahnen zurückbringt. Wo er hingehört, wenn er schon nicht über die Schiene abgewickelt werden kann. Das würde ich unter einer verantwortlichen Verkehrspolitik verstehen. Verantwortlich den Bürgerinnen und Bürgern. Liebe Gäste, Sie sind aufgerufen eine Wahlentscheidung zu treffen. Entscheiden Sie sich für eine positive Entwicklung der Region in der Sie leben. Entscheiden Sie sich für sich selbst!

Sie selbst, das sind wir Frauen, die wir immer noch für gleiche Arbeit schlechter bezahlt werden, als der Mann, der neben uns steht. Sie selbst, das sind wir alle, die wir uns fragen müssen, ob wir von unserer Rente werden leben können. Eine Rentenkommission will die Bundeskanzlerin einrichten – nach der Wahl. Vorher will man uns lieber nicht so genau sagen, wie und ob überhaupt man gedenkt, die Finanzierung und die Höhe der Renten langfristig zu sichern. Wer heute mit einem Stundenlohn von etwa 11,50 Euro nach 45 Beitragsjahren in den Ruhestand geht, kann mit einer Rente knapp auf dem Niveau der Grundsicherung rechnen. 11,50 Euro – der aktuelle Mindestlohn liegt übrigens bei 8,84 Euro. Wir haben also einen Mindestlohn, mit dem sich keine nennenswerten Ansprüche auf eine Rente erarbeiten lassen. Auch nicht nach 45 Jahren. Wer viele Jahre gearbeitet hat, muss aber Anspruch auf eine angemessene Altersrente haben und darf nicht auf Grundsicherung angewiesen sein. Die Lebensleistung von Millionen Bürgerinnen und Bürgern muss angemessen gewürdigt werden. Das wird nur möglich sein, wenn die Rentenversicherung nicht ausschließlich aus Beiträgen finanziert, sondern durch weitere Geldmittel aufgestockt wird. Die Rentenversicherung ist als Generationenvertrag angelegt. Der demografische Wandel verlangt heute aber neue Konzepte. Wir werden das so nicht aufrecht erhalten können.

Veränderte Bedingungen erfordern nun mal auch Veränderungen in den Konzepten. Ich höre immer, die Wirtschaft brummt, die Steuereinnahmen sprudeln, aber wenn es darum geht, den Menschen etwas zurückzugeben, wenn es um die soziale Frage in unserem Land geht, dann ist das zu teuer, nicht finanzierbar, geht gar nicht. Ja, wie wollen wir denn die Probleme unserer Zeit angehen? Nach dem Willen der großen Koalition wohl eher gar nicht. Wir machen Weltpolitik. Eine Politik für überlastetes und unterbezahltes Personal in Krankenhäusern und Altenpflegeeinrichtungen ist da vermutlich einfach nicht spannend genug. Oder liegt es vielleicht an der Ideenlosigkeit der etablierten Politikerinnen und Politiker, die einfach keinen Plan davon haben, was die Menschen bewegt.

Es fehlt an Initiative und Zukunftsperspektive. Es fehlt an Aufbruchstimmung. Es fehlt an Politikerinnen und Politikern, die nicht nur Phrasen hersagen können. Es fehlt an Politikerinnen und Politikern, die sich mit den Bedürfnissen der Menschen in unserem Land auseinandersetzen. Es fehlt an Politikerinnen und Politikern, die sich ernsthaft mit der sozialen Frage in unserem Land befassen. Aber, liebe Gäste, immer nach vier Jahren haben Sie als Bürgerinnen und Bürger die Wahl. Sie können entscheiden, von wem Sie sich im Bundestag vertreten lassen wollen. Am 24. September wäre es dann wieder soweit. Entscheiden Sie sich für soziale Gerechtigkeit in unserem Land. Denn die soziale Gerechtigkeit ist die tragende Säule in jeder freiheitlichen Demokratie.

Barbara Pfeuffer

 

Nachfolgend noch einige Bilder von der Veranstaltung. Fotos: GRÜNE Sennfeld

 

 



zurück

Termine

Es gibt keine Veranstaltungen in der aktuellen Ansicht.

GRUENE.DE News

<![CDATA[Neues]]>